Das ‚Ja‘ der Bürgerschaft zum MSC-Deal ist schlecht für Hamburg

Hamburg, den 4. September 2024 – Nach der heute in zweiter Lesung erfolgten Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft zum MSC-Deal äußert sich Sandra Goldschmidt, Landesbezirksleiterin in Hamburg, für ver.di:

„Trotz der vielfältigen Kritik von Expert*innen, Bürger*innen und Beschäftigten sowie aus den eigenen Reihen folgen die rot-grünen Bürgerschaftsabgeordneten fast geschlossen den inzwischen mehrfach widerlegten Argumenten von Peter Tschentscher, Andreas Dressel und Melanie Leonhard. Das ist ein schwarzer Tag für Hamburg.

Dieser Deal ist das Ergebnis einer kurzsichtigen, der Idee des Standortwettbewerbs und anderer rückwärtsgewandter Konzepte folgenden Logik. Antworten auf die wirklichen Zukunftsfragen, zum Beispiel, welche Rolle der Hamburger Hafen in der sozial-ökologischen Transformation unter den Vorzeichen von Globalisierung und Klimakrise spielen soll, bleibt der Senat schuldig. Stattdessen leistet er Beihilfe zur Monopolbildung der weltgrößten Reederei MSC, die durch die Missachtung von Beschäftigten- und Umweltrechten auffällt. Gerade erst im April 2024 hat die US-amerikanische Schifffahrtsbehörde eine Forderung von 63,3 Millionen US-Dollar wegen Verletzung des US-Schifffahrtsgesetzes aufgrund zu hoher Preisforderungen erhoben.“

Zukünftig sollen 49,9 Prozent der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) der im Familienbesitz befindlichen Mediterranean Shipping Company (MSC) gehören.

ver.di protestiert seit Bekanntwerden des Deals gegen das Vorhaben des Senates und kritisiert unter anderem die aus ihrer Sicht viel zu geringe Absicherung von in Jahrzehnten erkämpften guten Arbeitsbedingungen der Hafenbeschäftigten sowie die Tatsache, dass alle HHLA-Anteile ohne Not in eine europäische Aktiengesellschaft überführt werden, in der es keine Mitbestimmung durch einen Aufsichtsrat geben wird.

ver.di wirft dem Senat zudem vor, die politische Kontrolle über öffentliches Eigentum und zugleich kritische Infrastruktur abzugeben, denn, obwohl Minderheitsaktionärin, erhält die MSC in wichtigen Fragen ein Vetorecht.

Große Sorgen bereitet der Gewerkschaft nicht zuletzt, dass die MSC keine besondere Nähe zur Idee der Sozialpartnerschaft zeigt. Zuletzt gab es in Hamburg bei einer MSC-Tochter sogar den – erfolglosen – Versuch, einem Betriebsrat zu kündigen.

André Kretschmar, zuständiger Fachbereichsleiter für maritime Wirtschaft bei ver.di Hamburg, kommentiert: „Hier wird systematisch die Stadtgesellschaft von der Möglichkeit der politischen Gestaltung und die Arbeitnehmer*innen von der Mitbestimmung ausgeschlossen, natürlich lehnen wir das ab. Hinzu kommt, dass wir nicht nur die HHLA, sondern auch die Beschäftigten anderer Hafenunternehmen im Blick haben, die Befürchtungen dieser Beschäftigten ignoriert der Senat konsequent.“

Sandra Goldschmidt ergänzt: „Auch wenn wir den Deal nicht verhindern konnten, ist es dennoch unseren vielen Gesprächen und Protesten geschuldet, dass die Bürgerschaft den Senat dazu aufgefordert hat, sich zukünftig als Mehrheitsgesellschafter in der HHLA dafür einzusetzen, die Arbeitsbedingungen aller Hafenbeschäftigten langfristig abzusichern.  Wie er dies angesichts der zukünftigen Veto-Rechte von MSC praktisch umsetzen soll, bleibt offen.  Für uns gilt: Morgen ist ‚Tag eins‘ der MSC-Zeitrechnung und selbstverständlich werden wir mit unserem guten Organisationsgrad im Hafen weiter für jeden Arbeitsplatz in den Ring steigen! Im Grunde zeigt sich hier erneut, dass wir der Macht der Konzerne, hier besonders der Reedereien, nur in gemeinsamer, auch internationaler, Solidarität etwas entgegensetzen können. Genau das ist die Idee von Gewerkschaften und dafür stehen wir ein.“

 Presserechtlich verantwortlich: Sandra Goldschmidt

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Landesbezirk Hamburg

Besenbinderhof 60, 20097 Hamburg

Mittwoch Entscheidung über den Hafen-Deal – zieht Cosco bereits jetzt Ladung ab?

Hamburg, den 05. Juli 2024 – André Kretschmar, für maritime Wirtschaft zuständiger Fachbereichsleiter in ver.di Hamburg erklärt: „Nach unseren Informationen aus dem Betrieb plant die Reederei Cosco, den Abzug von Ladung von dem HHLA-Terminal Tollerort. Damit werden die mit dem Einstieg von Cosco verbundenen Versprechen auf mehr Ladung gebrochen. Wir vermuten, dass diese Entscheidung auch eine Reaktion auf den angestrebten Verkauf der HHLA-Aktien an den Konkurrenten MSC sein könnte.“ Er ergänzt: „Tragisch ist das auch vor dem Hintergrund, dass Hapag Lloyd vor kurzem bereits Dienste vom HHLA-Terminal CTA abgezogen hat.“

In der kommenden Woche, am 10. Juli 2024, sollen die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft über den Antrag des Senats, ca. 19% der HHLA-Anteile an den Weltmarktführer MSC zu verkaufen, abstimmen. In den seit Beginn des heimlich eingefädelten Deals stattgefundenen parlamentarischen Debatten hatte sich gezeigt, dass dieser Verkauf mit Privilegien verbunden ist, die MSC ein Veto über die wichtigsten Unternehmensentscheidungen, wie etwa Investitionen, sichern. Die Gewerkschaft kritisiert unter anderem die aus ihrer Sicht mangelhafte Absicherung der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen im Hafen. So sind zum Beispiel nach fünf Jahren betriebsbedingte Kündigungen möglich, ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband sowie die Kündigung von Tarifverträgen. Von Anbeginn hatte sich ver.di Hamburg gegen den Deal positioniert und die Politik aufgefordert, die 2007 privatisierten HHLA-Anteile zurückzukaufen.

„Dass aus den Reihen der SPD einer Reederei die Möglichkeit gegeben wird, sich nach nur 5 Jahren aller von der Arbeiterbewegung erreichten Errungenschaften zu entledigen, ist skandalös. Die Bürgerschaftsabgeordneten sind in ihrer Abstimmung fachlich, aber auch moralisch gefragt, die richtige Entscheidung zu treffen und gegen den Deal zu stimmen“, kommentiert Kretschmar.

„Der geplante Verkauf an MSC ist ein direkter Angriff auf die Arbeitsbedingungen der Kolleg*innen im Hafen und gefährdet auch die ca. 1000 Beschäftigten des Gesamthafenbetriebes. Die fünf Jahre, in denen die MSC-geführte HHLA weder Tarife kündigen noch aus dem Arbeitgeberverband austreten darf, bedeuten letztlich nur eine Galgenfrist für uns. Die Vermutung, dass spätestens nach Ablauf die Einführung massenhafter Zeitarbeitsverhältnisse zu schlechteren Arbeits- und Entlohnungsbedingungen kommen wird, ist realistisch, zumal die Senator*innen Leonhardt und Dressel hierzu bewusst keine Antwort geben. Auch deswegen sind wir Hafenarbeiter*innen gegen den Deal und fordern die Abgeordneten auf, dagegen zu stimmen“, so Malte Klingforth, Vorsitzender des ver.di-Fachvorstandes Maritime Wirtschaft in Hamburg.

„Der Deal ist auch aus ökologischen Gründen hochbedenklich. Wenn MSC in Hamburg den Hafen beherrscht, werden sie im Zweifel den Senat zur weiteren Ausbaggerung der Elbe drängen. Flora und Fauna des Flusses sind bereits jetzt über den Maßen beeinträchtigt und weitere Eingriffe nicht zu verantworten. Dieser Deal muss verhindert werden“, so Anita Vervuert, Mitglied der Klimaschutzinitiative Vollhöfner Wald.

„Hamburg überlässt den Hafen einer Familie. Auf unabsehbare Zeit wird damit die Gestaltungsmacht über das Herzstück der Stadt in private Hände gegeben. Die Bürgerschaft muss den Hafen als öffentliches Gut verteidigen und dagegen stimmen“, so Dr. Jürgen Bönig, Technikhistoriker, Mitglied von Bündnis HHLA-Verkauf stoppen rettetdenhafen.de.

„Die Stadt schafft mit dem Deal starke Machtasymmetrien und dysfunktionale Märkte“, sagt Louis Kesse, Vorstand 23/24 des Netzwerks Plurale Ökonomik.

Teilverkauf der HHLA

HHLA-Beschäftigte kämpfen weiter gegen den MSC-Deal – Übergabe eines offenen Briefes an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses

Während der Hamburger Senat trotz erheblicher Kritik unbeirrt weiter daran arbeitet, den Einstieg der Mediterranean Shipping Company (MSC) bei der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) umzusetzen, geben die betroffenen Hafenarbeiter*innen ihren Kampf gegen den Deal nicht auf.

„Unsere Bedenken bleiben bestehen,“ sagt André Kretschmar, bei ver.di Hamburg zuständiger Fachbereichsleiter. „Der Deal ist ein schlechter Deal für unsere Stadt und für die Menschen im Hafen. Der Senat verweist gerne darauf, dass die Stadt Hamburg weiter Mehrheitseignerin bleibt, doch gleichzeitig hat er MSC weitgehende Vetorechte eingeräumt. Das macht uns große Sorgen. Wir müssen davon ausgehen, dass MSC sich spätesten in fünf Jahren, wenn die Bestandszusagen an die Beschäftigten enden, als Wolf im Schafspelz entpuppen wird.“

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert unter anderem, dass der Senat die Beschäftigten anderer Unternehmen, wie Gesamthafenbetrieb (GHB) und Laschereien, nicht im Blick habe.

Christian Warnke, Lascher, erläutert: „MSC ist ein riesiges kapitalistisches Familienunternehmen mit undurchsichtigen Strukturen. Die Gefahr des MSC-Deals für uns Lascher ist, dass wir letztendlich in Konkurrenz zu den Kolleginnen und Kollegen von der HHLA und dem GHB gehen. Weil auch ganz klar kommuniziert wird, dass dort Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Alles, was in der HHLA passiert, hat unter anderem auch Auswirkungen auf die Laschereien.“

Auch ein Brief des MSC-Deutschlandchefs, Nils Kahn, an die Bürgerschaftsabgeordneten hat die Bedenken nicht zerstreut.

Die Beschäftigten haben ihre Kritik in einem Antwortschreiben zusammengefasst. Zusammen mit den Unterschriften der betroffenen Beschäftigten wird eine Delegation den Brief vor der Sitzung des Haushaltsauschusses am Dienstag, den 11. Juni, an dessen Vorsitzenden Dr. Mathias Petersen (SPD) übergeben. Um 16 Uhr versammelt sich die Delegation vor dem Rathaus für eine Kundgebung, um 16:15 Uhr ist die Übergabe des Briefes an Dr. Petersen geplant.

„Uns ist wichtig, dass die Argumente der Arbeiter*innen von den Abgeordneten der Bürgerschaft gehört werden, deshalb übergeben wir den Brief symbolisch an den Vorsitzenden des federführenden Ausschusses,“ so Kretschmar.

Aufgeben ist für die Hafenarbeiter*innen keine Option, und sie können dabei auf die Solidarität im Hafen setzen, das bekräftigt Deniz Askar-Dreyer, Hafenarbeiter bei Eurogate„Wir bereiten uns ab jetzt auf den Tag X vor. In diesem Moment mobilisieren wir unsere Leute im Hafen, aber auch darüber hinaus. An dem Tag, an dem der Senat unseren Hafen verscherbeln will, werden wir auf der Straße sein. Mit unseren Freunden, unserer Familie und unseren Nachbarn.“ 

ver.di: Senat konnte die Bedenken gegen den Teilverkauf der HHLA nicht ausräumen

Hamburg, den 03. April 2024 – Nach der heutigen Senatsanhörung zum Teilverkauf der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) an die Mediterranean Shipping Company (MSC) stellt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fest, dass der Senat wesentliche Bedenken gegen diesen Deal noch immer nicht ausräumen konnte. 

Insbesondere die Sorge um die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen im Hafen hätten eher zugenommen, so Sandra Goldschmidt, Landesbezirksleiterin von ver.di Hamburg. Die 5-Jahres-Zusage zur Fortführung der Tarifverträge und zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für die HHLA-Beschäftigten seien bei weitem nicht ausreichend, und würden zudem Tausende von Arbeitsplätzen, die mit der HHLA in Verbindung stehen, ignorieren, wie zum Beispiel beim Gesamthafenbetrieb (GHB) oder bei den Laschern, ohne die der Hafen nicht sicher funktionieren könne.  

Selbst die von der SPD benannte Expertin, Frau Dr. Fouquet, sei in der Sachverständigenanhörung am 6. März zu dem Schluss gekommen, dass die Fünfjahresfrist doch „ziemlich sportlich kurz zu sein“ scheint und verwies dabei gleichzeitig auf das besondere „von diesem Unternehmen zu beachtende Gemeinwohl“. 

Dazu Sandra Goldschmidt: „Es ist für uns erschreckend, festzustellen, dass scheinbar selbst dem Senat die Bedeutung des GHB für die Sicherung unbefristeter Arbeitsverhältnisse von gut 1000 Menschen im Hafen nicht klar ist, die sonst als Tagelöhner*innen ihr Dasein fristen würden. Und dass die Stadt Hamburg besondere Verantwortung auch für diese Menschen trägt, die als Arbeitskräfte für den Umschlagsbetrieb der HHLA essentiell sind.“

ver.di bekräftigt ihre von Anfang an formulierte Position, dass anstelle einer weiteren Teilprivatisierung der Rückkauf sämtlicher HHLA-Aktien die bessere Option wäre:

„Der vom Senat in seiner Drucksache beklagte niedrige Aktienkurs wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die HHLA wieder vollständig in den Besitz der stadteigenen Beteiligungsgesellschaft HGV zu bringen – was übrigens auch nach Aussage von Finanzsenator Andreas Dressel in der heutigen Anhörung im Grundsatz die beste Variante wäre.“ so Goldschmidt. 

Nur dann habe die Stadt tatsächlich die Möglichkeit, die Entwicklung der HHLA und die des Hafens insgesamt im Sinne der Gemeinwohlorientierung jenseits privater Einzelinteressen steuernd zu gestalten und vollständig von der Wertschöpfung zu profitieren, so die Gewerkschafterin. 

Wir fordern den Senat weiterhin auf, seine bisherige Entscheidung zu überdenken und appellieren an die Bürgerschaftsabgeordneten, ihre Entscheidung in der Abstimmung über den Senatsentwurf gründlich abzuwägen und im Sinne des Gemeinwohls zu treffen.“

ver.di bekräftigt die Kritik am Hafen-Deal

Einladung zum Dokumentarfilm über MSC

Hamburg, den 1. März 2024- Nach der Veröffentlichung der Senatsmitteilung zum geplanten Teilverkauf der HHLA und der Bürgerschaftsdebatte hält die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) an ihrer Kritik am geplanten Verkauf von Aktien des Hafenkonzerns HHLA an die Schweizer Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) fest.

„Die Hoheit über den Hamburger Hafen als wichtige und kritische Infrastruktur und Drehscheibe für die Versorgung der Bevölkerung gehört in öffentliche Hand, daran halten wir fest“, so Sandra Goldschmidt, Landesleiterin von ver.di in Hamburg. „Für das Gemeinwohl unserer Stadt und die Zukunft des Hamburger Hafens ist es, wie der Erste Bürgermeister in seiner Regierungserklärung zu Recht gesagt hat, falsch, denjenigen zu folgen, die nur ihre Einzelinteressen im Blick haben. Dies trifft zuallererst auf MSC und die Eigentümerfamilie Aponte zu. Nach allem, was wir über MSC und die Eigentümer wissen, geht es ihnen in erster Linie darum, ihre Marktmacht und ihr Vermögen zu vermehren.“

Auch von der viel beschworenen Absicherung für die Beschäftigten, die von Vertreter*innen des Senates als Erfolg hervorgehoben wird, ist die Gewerkschaft nicht überzeugt.

„Der Senat verspricht, dass für fünf Jahre Tarifverträge gesichert und betriebsbedingte Kündigungen, Personalabbau, Verlagerungen von Tätigkeiten an Dienstleister sowie Austritt aus Arbeitgeberverbänden ausgeschlossen sind. Wenn wir uns ansehen, wie MSC weltweit agiert, auch im Umgang mit Arbeiterinnen und Arbeitern, heißt das im Umkehrschluss, dass nach fünf Jahren all diese Errungenschaften zur Disposition stehen,“ so Goldschmidt. „Hier droht ein unfassbarer Kahlschlag mit Ansage. Zudem verliert der Senat kein Wort zur Absicherung der Beschäftigten anderer Hafenunternehmen wie dem Gesamthafenbetrieb (GHB), Lasch-Unternehmen oder Festmachern. Gerade hier sind unmittelbar Arbeitsplätze in Gefahr.“

Auch die viel zitierte Mitbestimmung durch einen Aufsichtsrat sei nicht gegeben, so die Gewerkschaft, da sämtliche Anteile der HHLA in eine europäische Aktiengesellschaft ohne Aufsichtsrat überführt werden. „Damit sind alle Entscheidungen nicht nur der Mitbestimmung, sondern auch der demokratischen Kontrolle durch die Bürgerschaft und die Bürger*innen dieser Stadt entzogen“, erläutert Goldschmidt.

Goldschmidt appelliert deshalb vor der Wirtschaftsausschusssitzung am 6.März und mit Blick auf die anstehende Beschlussfassung in der Bürgerschaft an die Abgeordneten der Regierungsfraktionen: „Hinterfragen Sie die Versprechungen, erinnern Sie sich an vermeintlich große Deals der Vergangenheit, die nicht zum Wohle Hamburgs beigetragen haben, überdenken Sie, ob Sie die absehbaren Folgen dieses Deals mit verantworten wollen. Soll fast die Hälfte des Hafens an eine Reederei gehen, deren Eigentümer sich nicht für Hamburg und Hamburgs Bürger*innen interessieren? Stimmen Sie dem geplanten Verkauf von 19,9 Prozent der HHLA-Aktien aus öffentlichem Besitz nicht zu!“

ver.di Hamburg lädt alle Interessierten ein zur Vorführung des Dokumentarfilms „Reedermacht außer Kontrolle – wie sich MSC weltweit Häfen und Transportwege aneignet“ am Montag, den 4. März, und Mittwoch, den 13. März, jeweils um 18 Uhr im DGB-Haus, Besenbinderhof 60.

presse.mitteilung ver.di hamburg

Der Hafen ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil Hamburgs, er gehört auch den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt

Privatisierung stoppen
Hamburg, den 17. Februar 2024

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ruft Beschäftigte aus Hafenbetrieben, Mitglieder der DGB-Gewerkschaften sowie die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hamburg am Mittwoch, den 21. Februar 2024, zu einer Demonstration gegen den Verkauf von Anteilen der HHLA an die italienische Reederei MSC auf. Ziel dieser Demonstration ist es, die ablehnende Haltung gegenüber der Privatisierung nachdrücklich zu unterstreichen.

Die weitere Privatisierung des Hamburger Hafens birgt laut ver.di nicht nur Risiken für die Beschäftigten, sondern gefährdet auch die Interessen der Stadtgesellschaft.
Sandra Goldschmidt, Landesbezirksleiterin ver.di Hamburg, betont: „Die Interessen eines privaten Investors, in diesem Falle sogar der weltweit größten Reederei, decken sich nur in den wenigsten Punkten mit denen der Stadt bzw. ihren Bürgerinnen. Eine für die Stadtgesellschaft langfristig sinnvolle, strategische Entwicklung des Hafens, auch unter umwelt- und klimapolitischen Aspekten, wird durch eine weitere Privatisierung der HHLA deutlich erschwert. Anstatt die falsche Entscheidung der Teilprivatisierung der HHLA der CDU aus 2007 zu korrigieren, plant der aktuelle rot-grüne Senat seine Anteile an der HHLA weiter zu reduzieren. Wir fordern deshalb die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft auf, diesen Irrsinn zu stoppen und gegen den geplanten Verkauf von rd. 20 Prozent der HHLA-Aktien zu stimmen.“

Bereits seit der Bekanntgabe der Pläne im Herbst 2023 warnt ver.di vor den möglichen negativen Auswirkungen auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und Tarife durch die Privatisierung. Die Zusage betriebsbedingter Kündigungsausschlüsse für fünf Jahre erscheint als unzureichender Schutz. Gleichzeitig bleibt die Zukunft von über 3000 Beschäftigten in Eurogate, dem Gesamthafenbetrieb, den Laschereien, Festmachern, Schleppern und weiteren Gewerken unklar.

„Neben den Kolleginnen der HHLA sind auch Tausende weitere Beschäftigte im Hamburger Hafen betroffen. Auf die Frage, wie Arbeitsplatzsicherheit und Tarifstruktur im gesamten Hafen gewährleistet werden können, hat der Senat bisher keine ausreichende Antwort gegeben. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Risiken einer rein profitorientierten Ausrichtung der strategisch wichtigen HHLA von den Beschäftigten und nicht zuletzt von unserer gesamten Stadtgesellschaft getragen werden müssen“, so André Kretschmar, ver.di Landesbezirksfachbereichsleiter Fachbereich Öffentliche und private Dienstleistungen, Sozialversicherung und Verkehr in Hamburg.
 
Hinweise für Redaktionen für die Demonstration am 21. Februar 2024
Beginn: 17 Uhr auf dem St. Annenplatz
Demonstrationsroute: Am Sandtorkai – Auf dem Sande – Brooksbrücke – Mattentwiete – Cremon – Bei dem Neuen Krahn – Kajen – Rödingsmarkt – Graskeller – Stadthausbrücke – Düsternstraße – Alter Steinweg
Schlusskundgebung: Wirtschaftsbehörde – Alter Steinweg
Dort gibt es auch die Möglichkeit für O-Töne und Gespräche.

Ausverkauf kritischer Infrastruktur

Artikel aus der Waterfront 02/2023

Die Teil-Privatisierung der Hamburger Hafen und Logistik AG wirkt sich weit über Hamburg hinaus aus.

Bei dem Teilverkauf der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) geht es um das traditionsreichste Hamburger Unternehmen in kommunaler Hand. Hamburg ist und war immer der Hafen und der Hafen ist vor allem die HHLA. Die HHLA ging aus der „Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft hervor. Diese wurde 1885 gegründet, um für den einstigen Freihafen Hamburg ein Lagerhaus zu bauen. Entstanden ist weit mehr, nämlich die Speicherstadt, und das schon damals unter städtischer Beteiligung. Die Stadt investierte nicht nur Geld, sondern stellte auch das Bauland zur Verfügung. Und auch wenn in der Speicherstadt heute kein Tee, Kaffee, keine Gewürze oder Teppiche mehr lagern, erinnern sich noch einige Kollegen im Hamburger Hafen gut an ihre beruflichen Anfänge in den ehemaligen Kontoren zurück. 

Bis zum Aufkommen des Containerumschlags 1966 war die Speicherstadt das wichtigste Warenlager Hamburgs und die HHLA Vorreiterin des Fortschritts in der Hansestadt. Am 31. Mai 1968 landete der „American Lancer“ als erstes Vollcontainerschiff im Hamburger Hafen. Gelöscht wurde das 213 Meter lange Schiff am Containerterminal Burchardkai (CTB), der sich in den 1970er-Jahren zur größten Umschlagsanlage Hamburgs entwickelt hatte. Später kamen der Containerterminal Tollerort (CTT) und Altenwerder (CTA) hinzu. Für die strategische Partnerschaft mit der Mediterranean Shipping Company (MSC) veräußert die Freie und Hansestadt Hamburg nicht nur ein Stück ihrer Geschichte. Auch wenn sie mit 50,1 Prozent die Mehrheit der Anteile behält, werden die Geschicke der HHLA im Hamburger Hafen nun in einem Joint-Venture mit der MSC gelenkt. Denn das Angebot der MSC gilt für den Teilkonzern Hafenlogistik mit den drei Segmenten Container, Intermodal und Logistik. Bei der MSC handelt es sich um die weltweit größte Reederei. Eigner sind Gianluigi Aponte und Familie. Hauptgeschäftszweig des Unternehmens ist die Schifffahrt, es expandiert zunehmend aber in die Bereiche Häfen, Logistik, Eisenbahn und Kreuzfahrt. Neben eigenen Beteiligungen an Terminalbetreibern als Stakeholder oder Joint Venture, hält die MSC 70 Prozent der Anteile an der Terminal Investment Limited (TIL), und ist damit der größte Anteilseigner eines der größten global agierenden Terminalbetreibers. Aus Sicht der MSC ist der Anteilskauf der HHLA strategisch folgerichtig, da sie seit Jahren die vertikale Integration in der Lieferkette ausbaut und verfestigt. Dass dies nun auch in Hamburg erfolgt, stellt einen Bruch in der Hafenpolitik dar und stößt bei den Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft ver.di auf erhebliche Kritik und Protest. ver.di lehnt die Privatisierung der Terminals ab und hat sich bislang erfolgreich dagegengestellt. Die Häfen sind Teil der kommunalen und kritischen Infrastruktur und gehören in öffentliche Hand. Nicht zuletzt geht es auch darum, für die Beschäftigten dauerhaft gute tarifvertragliche Lohn- und Arbeitsbedingungen zu sichern. 

Mehr Konkurrenz der Seehäfen 

Mit dem Anteilsverkauf an die MSC ist ein Einfallstor entstanden. Dies könnte sich auch auf andere Häfen auswirken und Privatisierungstendenzen in der Maritimen Wirtschaft vorantreiben. Doch die Wirkung des Verkaufs reicht auch aus einem anderen Grund weit über die HHLA und den Hamburger Hafen hinaus: Der Umschlag kann nur einmal erfolgen und daran verdient werden auch. Die Umschlagsgarantie der MSC an die Stadt Hamburg hat somit zur Folge, dass MSC das Umschlagsvolumen etwa in Bremerhaven oder sogar direkt von der HHLA, nämlich vom CTH (Eurogate-Containerterminal Hamburg), abziehen könnte. Dadurch wird eine weitere Konkurrenzsituation in einer ohnehin unter Wettbewerbsdruck stehenden Branche geschaffen. Dies wiederum steht im absoluten Gegensatz zu den Zielen der Nationalen Hafenstrategie. Dort wurden unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums Maßnahmen entwickelt, die eben genau die Konkurrenz unter den Seehäfen beheben und ein gemeinsames Vorgehen festlegen sollten. An der Entwicklung der Hafenstrategie war auch die Stadt Hamburg beteiligt. Das jetzige Vorgehen kommt somit auch einer Abkehr von der gemeinsamen Strategie gleich.
MAREN ULBRICH