Hamburg, den 05. Juli 2024 – André Kretschmar, für maritime Wirtschaft zuständiger Fachbereichsleiter in ver.di Hamburg erklärt: „Nach unseren Informationen aus dem Betrieb plant die Reederei Cosco, den Abzug von Ladung von dem HHLA-Terminal Tollerort. Damit werden die mit dem Einstieg von Cosco verbundenen Versprechen auf mehr Ladung gebrochen. Wir vermuten, dass diese Entscheidung auch eine Reaktion auf den angestrebten Verkauf der HHLA-Aktien an den Konkurrenten MSC sein könnte.“ Er ergänzt: „Tragisch ist das auch vor dem Hintergrund, dass Hapag Lloyd vor kurzem bereits Dienste vom HHLA-Terminal CTA abgezogen hat.“
In der kommenden Woche, am 10. Juli 2024, sollen die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft über den Antrag des Senats, ca. 19% der HHLA-Anteile an den Weltmarktführer MSC zu verkaufen, abstimmen. In den seit Beginn des heimlich eingefädelten Deals stattgefundenen parlamentarischen Debatten hatte sich gezeigt, dass dieser Verkauf mit Privilegien verbunden ist, die MSC ein Veto über die wichtigsten Unternehmensentscheidungen, wie etwa Investitionen, sichern. Die Gewerkschaft kritisiert unter anderem die aus ihrer Sicht mangelhafte Absicherung der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen im Hafen. So sind zum Beispiel nach fünf Jahren betriebsbedingte Kündigungen möglich, ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband sowie die Kündigung von Tarifverträgen. Von Anbeginn hatte sich ver.di Hamburg gegen den Deal positioniert und die Politik aufgefordert, die 2007 privatisierten HHLA-Anteile zurückzukaufen.
„Dass aus den Reihen der SPD einer Reederei die Möglichkeit gegeben wird, sich nach nur 5 Jahren aller von der Arbeiterbewegung erreichten Errungenschaften zu entledigen, ist skandalös. Die Bürgerschaftsabgeordneten sind in ihrer Abstimmung fachlich, aber auch moralisch gefragt, die richtige Entscheidung zu treffen und gegen den Deal zu stimmen“, kommentiert Kretschmar.
„Der geplante Verkauf an MSC ist ein direkter Angriff auf die Arbeitsbedingungen der Kolleg*innen im Hafen und gefährdet auch die ca. 1000 Beschäftigten des Gesamthafenbetriebes. Die fünf Jahre, in denen die MSC-geführte HHLA weder Tarife kündigen noch aus dem Arbeitgeberverband austreten darf, bedeuten letztlich nur eine Galgenfrist für uns. Die Vermutung, dass spätestens nach Ablauf die Einführung massenhafter Zeitarbeitsverhältnisse zu schlechteren Arbeits- und Entlohnungsbedingungen kommen wird, ist realistisch, zumal die Senator*innen Leonhardt und Dressel hierzu bewusst keine Antwort geben. Auch deswegen sind wir Hafenarbeiter*innen gegen den Deal und fordern die Abgeordneten auf, dagegen zu stimmen“, so Malte Klingforth, Vorsitzender des ver.di-Fachvorstandes Maritime Wirtschaft in Hamburg.
„Der Deal ist auch aus ökologischen Gründen hochbedenklich. Wenn MSC in Hamburg den Hafen beherrscht, werden sie im Zweifel den Senat zur weiteren Ausbaggerung der Elbe drängen. Flora und Fauna des Flusses sind bereits jetzt über den Maßen beeinträchtigt und weitere Eingriffe nicht zu verantworten. Dieser Deal muss verhindert werden“, so Anita Vervuert, Mitglied der Klimaschutzinitiative Vollhöfner Wald.
„Hamburg überlässt den Hafen einer Familie. Auf unabsehbare Zeit wird damit die Gestaltungsmacht über das Herzstück der Stadt in private Hände gegeben. Die Bürgerschaft muss den Hafen als öffentliches Gut verteidigen und dagegen stimmen“, so Dr. Jürgen Bönig, Technikhistoriker, Mitglied von Bündnis HHLA-Verkauf stoppen rettetdenhafen.de.
„Die Stadt schafft mit dem Deal starke Machtasymmetrien und dysfunktionale Märkte“, sagt Louis Kesse, Vorstand 23/24 des Netzwerks Plurale Ökonomik.